Region: Burgenland
Ort: Pamhagen
Rebsorten: Cabernet Sauvignon, Zweigelt, St Laurent, Neuburger, Ruländer, Weissburgunder
4,5 ha
Planet zum Essen
Nimm Dir einen Apfel und ein Messer
Stell Dir vor, unsere Erde ist ein Apfel
Dabei kannst Du viel lernen
Schneide den Apfel in vier gleich grosse Teile
Drei Viertel stellen die Ozeane dar
Nur etwa ein Viertel ist das Land
Teile dieses Viertel in zwei Stücke
Eines davon zeigt, wo Menschen nicht leben können
An den Polen, in den Wüsten und im Hochgebirge
Übrig bleibt ein bewohnbares Achtel
Auf diesem Stück drängen sich sieben Millarden Menschen
Schneide das Stück in vier Teile
Drei der kleinen Stücke stellen die Gegenden dar, an denen keine Nahrungsmittel angebaut werden können, weil es zu trocken ist; und unsere Städte und Strassen.
Ein sehr kleines Stück Apfel ist übrig.
Schäle es!
Was Du jetzt in der Hand hälst, zeigt den winzigen Teil der Erde, auf dem Getreide und Obst wachsen und Tiere weiden können.
Von diesem Stück Erde sind wir Menschen total abhängig.
Behandeln wir es gut.
Steht bei Anderts mit einer Reisszwecke an der Schuppentür befestigt. Und das genau sind sie. Mehr ist nicht zu sagen. Und alles. Steht im Reisebericht. Wegen Überwältigung. Das alles sind die Anderts.
… der Reisebericht:
Michael Andert wird uns für immer in Erinnerung sein als der König der Umverteilung. Jedes Wort von ihm macht Spass, hat Gewicht und ein Lächeln im Gesicht – ja, jedes Wort und der Mann sowieso. Der Hof ist ….. wie sag ich`s: Abenteuerland, Bullerbü, Wissenschaftsgarten, Zitatesammlung, Bauernhof, Outdoorküche und … ach, was soll ich sagen, ohne zu sehr ins Schwärmen zu geraten:
Als wir im letzten Sommer bei Anderts aus unserem Bus stolpern, ist ein langer Tisch gedeckt mit allen Tomatensorten aus dem Garten, frischen Zwiebel, Käse aus dem ein paar Meter entfernten Ungarn, frisch gebackenem Brot. Im Ofenrohr schlummert der Gulasch, morgens hatte er ein Bild vom frisch geschlachteten Lamm geschickt; meine Tochter Paula, die als kleines Kind schon energisch auf Lammfleisch verzichtete, fragte leise, ob sie sagen dürfe, sie sei Vegetarierin, oder ob das doll unhöflich wäre, und ich sagte natürlich natürlich.
Wir kamen an, spazierten durch den Garten, zu den Schweinen, zu den Bienen, den Tausenden von Pflanzen und Kräutern, an Schiller vorbei, der in einer Schulfolie an die Wand gepinnt verkünden darf:
Suchst du das Höchste, das Grösste? Die Pflanze kann es dich lehren. Was sie willenlos ist, sei du es wollend – das ist´s! Das Höchste.
Bei Andert sucht man nicht, man findet. Sich. Sinn. Selbsterfahrung. Huch, zuviel S. Wir können das Alphabet durchdeklinieren. Es ist sofort Z wie Zuhause, U wie unglaubliche Gastfreundschaft, F wie FelderWiesenundWälder und E wie Essen.
Brot, Honig, Verjus, Wasser und Wein, Butter, Salz … Gott erhalt´s. Unbedingt, all das. Es gibt gefüllte Paprikaschoten mit Buchweizen, und danach serviert er das Lammherz, roh, in sehr schmale, sehr kleine Stücke geschnitten, zu diesem Zeitpunkt ist lange klar, dass es das ganze Tier von Kopf bis Fuss geben wird, ohne grosse Reden, ohne Religion, in purer Selbstverständlichkeit. Und so probiert auch Paula, weil sie diese Ehrfurcht das erste Mal spüren kann, von der immer alle reden: Da ist ein Tier für uns geschlachtet worden, weil wir als Gäste Freunde und Familie sind (Danke, Vanda) und alles, alles und alles mit uns geteilt wird. Das Tier darf von uns verzehrt werden. Das rohe Herz. Pochiertes Hirn. Gebratene Nieren.
Gulasch. Danach hab ich den Faden verloren. Am Lagerfeuer. Bei noch einem Glas Wein und einem herrlichen Gesprächspartner. Ich wage die These, dass es bei all auch meinem Feminismus gut ist, dass diese Männer ihre Weltanschauung in die Welt tragen und mit Erfolg versehen. Dass sie sich in Präparatengruppen treffen, um über den Dung in den Hörnern in der Erde sprechen und über das effektivste Wohinundwannrühren. Davon, wie Schwefel in den Raum und nicht in den Wein eingeschwungen wird. Es schält sich hier auf dem Land das Ausgedachte der Stadt heraus, hier ergibt es Sinn und hat Bilder, tropfenden Saft aus den Mundwinkeln, eine weitere mit Bedacht geöffnete Flasche, Lachen, das über den Horizont und die beklemmende Stille, nachdem die Nacht anbricht und die Hubschrauber über den Feldern kreisen, und Andert sagt, sie suchen die Flüchtlinge. Es ist gut, dass die Idylle Risse bekommt an genau der Stelle. Auch hier findet Leben statt. Auch hier ist alles politisch.
Wir gehen irgendwann. Glücklich, lebensweiser, stiller geworden und müssen unbedingt wiederkommen.
Gern mit Euch. Dann klickt mal ruhig auf Reisen.